Welches grundlegende Problem adressiert ihr?
«Superblock-Mainstreaming» adressiert die Frage, wie der Ansatz der Superblocks erfolgreich umgesetzt werden kann, um seine Potenziale im Rahmen der Transformation zu klimagerechten und klimaresilienten Städten zu nutzen. Mit Blick auf die Umsetzung von «Superblöcken» in Barcelona geht es nicht nur darum, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, Strassen- und Stadträume im Sinne einer qualitativen Innentwicklung attraktiver für Aufenthalt und Gebrauch zu gestalten oder Prinzipien der Schwammstadt zu realisieren. Die heutige Forschungslage legt nahe, dass mit Superblöcken auch zu kürzeren Wegen beigetragen werden kann, wenn in einer Stadt viele Superblöcke umgesetzt werden, statt nur vereinzelte. Stadtentwicklungspolitisch sind zudem Aspekte wie die mit dem Ansatz einhergehende Aufwertung von Quartieren und dem daran anknüpfenden Schutz von Wohnen und Gewerbe vor Verdrängung relevant. Damit bringen «Superblöcke» und deren Implementierungen als stadtentwicklungspolitischer Ansatz sowohl grosse Chancen, als auch vielfältige Herausforderungen mit sich, die an den Schnittstellen verschiedener Themen von Verwaltungseinheiten und verschiedenen Akteursgruppierungen zu verhandeln sind: Für eine erfolgreiche Umsetzung gilt es, Fragen der Mobilität, Wohnraumpolitik, Gestaltung des öffentlichen Raums, der Klimaanpassung, Partizipation etc. im Spannungsfeld von Politik, Verwaltung, intermediären Playern (Stadtteilsekretariate, zivilgesellschaftliche Organisationen), Interessensvertreter*innen, dem lokalen Gewerbe sowie Bewohner*innen auszuhandeln. Dabei ist die Grundhypothese von «Superblock-Mainstreaming», dass Superblocks ihr Potenzial für eine resilientere Gesellschaft erst dann entfalten können, wenn durch sie lokale Handlungsroutinen transformiert werden.
Eine solche Veränderung von gesellschaftlichen Verhältnissen stellt – vor allem für planende und dabei arbeitsteilig organisierte Verwaltungen – jedoch eine grosse Herausforderung dar. Nebst teilweise unterkomplex formulierten politischen Aufträgen, kann sich dies auch negativ auf das Interesse auswirken, Diskurse und Projekte zur Realisierung von Superblocks anzustossen und voranzubringen. Superblock-Forschung legt nahe, dass unterschiedliche Umsetzungsstrategien in verschiedenen Städten auf unterschiedliche Konzeptverständnisse zurückzuführen sind. Daher ist die Diskussion über Reichweite und Anspruch des Konzepts wichtig.
Die Probleme, die mit «Superblock-Mainstreaming» insbesondere adressiert werden sollen, sind dabei prozessualer, wie inhaltlicher Natur: Wie können der Komplexität und den unterschiedlichen Interessenslagen entsprechend adäquate Prozesse gestaltet und inhaltliche Fragen thematisiert werden, um Superblöcke auch über wenige Pilotversuche hinaus in grösserer Breite erfolgreich umsetzen zu können? Und: Welche Rolle kann dabei Verwaltungen zukommen, die zwar weder alleine Superblöcke umsetzen können (noch sollten), die aber dennoch eine zentrale koordinierende und moderierende Rolle innehaben, in der sie auch mit guten Argumenten überzeugen müssen.
So ist unsere Problemhypothese, dass die Vielfalt und Relevanz der mit Superblocks verbundenen Themen weder innerhalb des Handelns von Verwaltungen noch mit den Akteur*innen vor Ort ausreichend breit diskutiert wird, um das grosse Potenzial, das im Ansatz auch für hiesige Städte liegt, tatsächlich zu nutzen. Dies betrifft v.a. fünf Facetten: (1) inhaltlich werden Umsetzungsoptionen nicht ausreichend konzeptionell artikuliert – wie z.B. Umschlagsflächen für Gewerbeverkehre, Carsharing oder alternative Temporegime wie «Tempo 10», mögliche Massnahmen gegen Gentrifikation etc.; (2) Innerhalb von Verwaltungen werden Diskurse nicht breit genug geführt, um alle thematisch relevanten Fachstellen auch tatsächlich in eine (Mit-) Verantwortung zu bringen; (3) Im Diskurs mit Bevölkerung und Betroffenen (Gewerbe, etc.) sind proaktive Strategien zu wählen, die insbesondere die in den jeweiligen Quartieren besonders relevanten Akteur*innen gewinnt, auch und gerade, wenn sie kritische Bedenken vortragen; (4) Diskurse sollten vermehrt auf die vielfältigen positiven Veränderungen des städtischen Lebens in der gesellschaftlichen Breite (Hitze, Schwammstadt, Verkehrssicherheit, Luftqualität) zielen und diese vermitteln; (5) Solche Vorteile sollten auch bezüglich ihres Potenzials der politischen Kommunikation diskutiert werden, denn Superblocks sind nicht nur «nice-to-have» (und optional) – mit ihnen kann vor dem Hintergrund von Klimaanpassung, Klimaschutz und Klimagerechtigkeit zugleich behauptet werden, einen Beitrag zu gesellschaftlichem «Fortschritt» zu leisten, indem der Status Quo gesellschaftlicher Mobilität und städtischen Lebens zu klimagerechteren Formen weiterentwickelt wird.
Indem «Superblock Mainstreaming» Erkenntnisse zur Implementierung herausarbeitet, diskutierbar und damit auch besser verhandelbar macht, soll nicht zuletzt die Bereitschaft erhöht werden, dass sich Verwaltungen der Umsetzung von Superblocks erfolgreich annehmen.
Welche Gewohnheiten möchtet Ihr durch welchen Ansatz wie verändern oder mainstreamen?
Superblocks zielen darauf, das gesellschaftliche Mobilitätsverhalten in Städten zu verändern, indem nicht-automotorisierte Mobilität attraktiver wird und an Selbstverständlichkeit gewinnt. Dies kann auch zu anderen Formen der Aneignung des öffentlichen Raumes und Zusammenlebens führen. Hierzu müssen Superblocks jedoch erfolgreich implementiert werden, wobei Verwaltungen – in ihrer Funktion, erfolgreiche Fachkonzepte im politischen Feld zwischen Exekutive, Legislative, Souverän und verschiedenen Bedürfnisgruppen vorzulegen – eine zentrale Funktion in der Umsetzung zukommt. «Superblock-Mainstreaming» zielt daher darauf, die Handlungsgewohnheiten in Verwaltungen für den Ansatz und seine Herausforderungen zu mainstreamen.
Woran möchtet ihr während des Boosters arbeiten?
Der Booster soll genutzt werden, um
- mittels Literaturrecherche Interviews und Punkte für Handlungsempfehlungen inhaltlich vorzustrukturieren;
- mittels Expert*innen-Interviews aktuelles Erfahrungswissen aus Umsetzungsprozessen in anderen Städten zu gewinnen (z.B. Barcelona, Wien, Leipzig, Stuttgart, Zürich);
- mittels Expert*innen-Interviews in Basel die laufenden Prozesse zu Superblocks kritisch zu befragen;
- in einem Workshop mit Umsetzungs- und Ermöglichungspartnern und ggf. weiteren Expert*innen das Umsetzungswissen zu diskutieren, konkretisieren und konsolidieren;
- prozessuale Handlungsempfehlungen für ein «Superblock-Mainstreaming» in Basel und sonstigen Schweizer Städten zusammenzustellen.
Im Sinne einer transformativen Forschung soll mit dem Projekt auf die Sensibilisierung relevanter Akteur*innen hingewirkt werden, um «Superblocks» als zukunftsweisenden Ansatz leichter resp. erfolgreicher implementieren zu können, wo es die Standortvoraussetzungen zulassen.