RepairShare – Ein Fonds für alle, die lieber reparieren als wegwerfen

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HSLU

Welches grundlegende Problem adressiert ihr?​

Reparieren lohnt sich heute oft nicht – nicht ökonomisch, nicht emotional, nicht sozial. Während Konsumgüter günstig und jederzeit verfügbar sind, erscheinen Reparaturen teuer, kompliziert und unattraktiv. Diese Verzerrung basiert auf mehreren strukturellen Problemen:

  • Kostenwahrnehmung: Reparaturen wirken teuer, obwohl sie volkswirtschaftlich günstiger sind als Neukäufe – doch das wird im Alltag nicht sichtbar.
  • Fehlende Strukturen: Es gibt kaum Infrastrukturen, die Reparatur niedrigschwellig, solidarisch und verbindlich in den Alltag integrieren.
  • Prekäre Arbeit: Reparateur:innen arbeiten oft unter unsicheren Bedingungen, mit schwankender Auftragslage und wenig gesellschaftlicher Anerkennung.
  • Unsichtbares Teilen: Reparatur wird nicht als Teil der Sharing Economy verstanden, obwohl sie genau das ist: geteilte Verantwortung für Dinge, die wir besitzen oder gemeinsam nutzen.

Unsere Hypothese: Reparatur wird dann zum gesellschaftlichen Standard, wenn sie solidarisch getragen, strukturell verankert und kulturell aufgewertet wird.

RepairShare verändert gewohnte Denkweisen über Besitz, Konsum und Verantwortung. Unser Ansatz kombiniert mehrere soziale Innovationen:

1. Solidarisches Reparatur-Sharing

Der Fonds funktioniert wie eine Mikroversicherung oder ein solidarischer Topf: Wer Mitglied ist, kann Reparaturen in Anspruch nehmen – die Kosten werden gemeinschaftlich getragen. Wer wenig reparieren lässt, unterstützt andere. Ein dynamisches Beitragssystem (z. B. Fair-Use oder Staffelmodelle) stellt sicher, dass das System auch bei unterschiedlichem Nutzungsverhalten fair bleibt.

2. Reparatur als soziale Praxis

Nicht nur die Dinge, sondern auch ihre Pflege und ihr Erhalt werden kollektiv verstanden. RepairShare fördert eine neue Kultur: Reparatur ist nicht moralische Ausnahme, sondern Alltagspraxis – geteilt, fair, sichtbar.

3. Wertschätzung und Zukunft des Handwerks

Durch faire Bezahlung und planbare Aufträge schafft RepairShare neue Perspektiven für das Reparaturhandwerk. Damit wird auch ein kulturelles Erbe bewahrt: lokales Wissen, nachhaltige Fertigkeiten, soziale Infrastruktur. Das Projekt erhöht die Attraktivität handwerklicher Berufe nicht nur als ökologische Notwendigkeit, sondern auch als gesellschaftlich relevante Arbeit.

4. Plattformbasiertes Netzwerk

Eine digitale Lösung ermöglicht das Matching von Mitgliedern und Reparaturbetrieben, das Tracking der Wirkungen (z. B. CO₂-Einsparung, Ressourcenschonung) und eine transparente Kommunikation. In Zukunft kann ein Large Language Model die Reparierbarkeit und geschätzte Kosten von Gegenständen bewerten – dies schafft Vertrauen und senkt Eintrittshürden.

Welche Gewohnheiten möchtet Ihr durch welchen Ansatz wie verändern oder mainstreamen?

RepairShare zielt auf eine radikale Verschiebung im Umgang mit Konsumgütern. Statt „Kaufen – Nutzen – Wegwerfen“ rückt der Erhalt in den Fokus. Reparieren wird zum sozialen Standard. Die gewohnte Linearität wird durch eine gemeinschaftlich getragene Zirkularität ersetzt.

RepairShare macht das Teilen auch für Menschen attraktiv, die sich alles leisten könnten, weil es nicht aus Not, sondern aus Haltung geschieht. Zugleich entkoppelt das Projekt den Zugang zu Reparatur von Einkommen, Herkunft oder Bildung. Damit wird Reparatur Teil einer zukunftsfähigen Alltagskultur, die ökologisch sinnvoll, sozial gerecht und wirtschaftlich tragbar ist.

Woran möchtet ihr während des Boosters arbeiten?

Im Rahmen des Ideenboosters konkretisieren wir die Grundlagen für RepairShare und bereiten den nächsten Entwicklungsschritt vor. Geplant ist die Ausarbeitung eines solidarischen Finanzierungsmodells (z. B. Fair-Use, Staffelung), die rechtliche und organisatorische Klärung (z. B. Vereinsstruktur) sowie qualitative Interviews mit Reparaturbetrieben, potenziellen Nutzer:innen und Verwaltungspartnern. Parallel erarbeiten wir eine Kommunikationslinie, die Reparatur als Teil einer urbanen Sharing-Kultur sichtbar macht, und erstellen einen einfachen digitalen Prototyp zur Mitgliederverwaltung und Wirkungsmessung.

Als Forschungspartner begleitet uns der Studiengang CAS Sustainable Management der Hochschule Luzern (HSLU) unter der Leitung von Martin Brasser. Für den digitalen Bereich unterstützt uns die Ting-Community, die ihre bestehende Plattforminfrastruktur zur Verfügung stellt und technische sowie inhaltiche Beratung bietet.

Ziel ist ein tragfähiges, anschlussfähiges Modell, das auf einen konkreten Pilottest vorbereitet – lokal verankert, aber übertragbar gedacht.