Co-Farming – landwirtschaftlicher Inkubator

Tiny Farms Academy
FiBL

Welches grundlegende Problem adressiert ihr?

Viele, gerade junge Menschen können sich vorstellen, in die Lebensmittelproduktion einzusteigen und einer naturnahen, vielseitigen und sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Sie verfügen jedoch selten über Zugang zu einer passenden Fläche, die dazugehörige Infrastruktur oder das notwendige Wissen. So fehlt die Möglichkeit, sich in der Praxis eigenverantwortlich zu erproben, und so einen Prototyp zu entwickeln, bevor sie den Schritt in die Implementierung gehen. Hier sehen wir das Potential für ein Inkubatorprogramm, um angehende Gärtner:innen bei der Entwicklung ihres Betriebsmodells zu fördern und zu begleiten. Die verstärkte Einbindung von motivierten Menschen ohne Grundausbildung im Erwerbsgemüsebau kann dabei helfen, ein breites Angebot von regionalen Produkten verfügbar zu machen, die Folgen des Fachkräftemangels für den Sektor zu lindern und die Ernährungssicherheit der Schweiz zu erhalten. Darüber hinaus kann die Einbindung neuer gesellschaftlicher Gruppen in die Landwirtschaft die Stadt-Land-Verbindung stärken.

Welche Gewohnheiten möchtet Ihr durch welchen Ansatz wie verändern oder mainstreamen?

Durchtechnische Innovationen und Produktivitätssteigerungen ernährt einLandwirtschaftsbetrieb heute deutlich mehr Menschen als vor einigenJahrzehnten. Deshalb arbeiten in der Schweiz nur noch 2,8 % derBerufstätigen direkt in der Landwirtschaft und sorgen für einenSelbstversorgungsgrad von fast 50% (bei tierischen Produkten von fast100%). Diese Entwicklung hat für Ernährungssicherheit und Wohlstandgesorgt, doch gleichzeitig hat sich einen Grossteil der Bevölkerung vonder Lebensmittelerzeugung entfremdet. Gleichzeitig ist die Gesellschaftnoch weit davon entfernt, sich umweltgerecht zu ernähren. Grundlagen wiedie “Planetary Health Diet”, welche die Gesundheit des Menschen und desPlaneten gleichermassen berücksichtigt, empfehlen deutlich, mehrpflanzliche und weniger tierische Lebensmittel zu konsumieren. Mit demCo-Farming Programm möchten wir Menschen wieder mehr mit den Grundlagender Lebensmittel- und vor allem der Gemüseproduktion verbinden. Wirbieten mit dem Inkubator eine Plattform, um den Teilnehmer:innen diehandwerkliche Produktion von regionalem und saisonalem Gemüse von guterQualität näher zu bringen.

Diepraktischen Anbauerfahrungen im Co-Farming Programm steigern nicht nurdie Wertschätzung für Lebensmittel und das ökologische Bewusstseinsondern verankern auch ganz konkret die Kompetenzen im Gemüsebau in derbreiten Gesellschaft.

Wirmöchten zudem Berufstätigen des sekundären und tertiären Sektors dieChance geben, ihr Arbeitsleben zu diversifizieren. Viele von ihnensehnen sich nach Ausgleich und einer sinnvollen Tätigkeit im Einklangmit der Natur. Doch die Landwirtschaft ist ein exklusives Berufsfeld,welches nur mit Zugang zu einem Betrieb oder Landflächen möglich ist.Zudem ist sie mit hohen Startinvestitionen verbunden. FürQuereinsteigende ist es häufig unmöglich, Zugang zu landwirtschaftlichenFlächen zu finden. Mit dem Co-Farming Programm können Menschen nebenihrem Beruf oder ihrer Ausbildung Erfahrungen im professionellenGemüsebau sammeln. Sie werden in die Abläufe eines bestehenden Betriebsintegriert. Vor Ort stehen Land, Geräte, Werkzeuge und Infrastruktur zurVerfügung und sie können verschiedene Verkaufsstrategien ausprobieren.In der Praxis werden sie von erfahrenen Gärtner:innen beraten, wenn sievor Herausforderungen stehen. Sie vernetzen sich mit Gleichgesinnten undkönnen alleine oder als Team Gemüse für ihren Markt produzieren. Damitsoll der Beruf Gärtner:in, als Teil- oder Vollzeitstelle, für mehrMenschen als Option sichtbar werden. Insgesamt zielen wir damitgewissermassen auf eine Demokratisierung der Gemüsebau ab.

Woran möchtet ihr während des Boosters arbeiten?

Wirmöchten während des Boosters eine Machbarkeitsstudie durchführen, um zuprüfen, ob und wie sich das Konzept landwirtschaftlicher Inkubatorenauf den Schweizer Kontext übertragen lässt. Zentrale Fragen sind dabei:

  1. Ist das Modell in der Schweiz umsetzbar? Welche strukturellen, rechtlichenund kulturellen Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden?
  2. In welchen geografischen Kontexten ist das Modell tragfähig? Wiruntersuchen dies exemplarisch an unserem Standort in Freienstein-Teufen(einem kleinen, eher ländlich geprägten Dorf). Darüber hinaus wird imProjekt die Translation in eine größere und einer kleinere Stadtevaluiert werden.
  3. Welche konkreten Herausforderungen gab es bei der Umsetzung vergleichbarer Projekte?
  4. Entspricht das Modell den tatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppen, insbesondere von Teilnehmenden der Tiny Farms Academy 2025 in der Schweiz? Wirprüfen, ob die Rahmenbedingungen eines Inkubators den Bedürfnissen undErwartungen der Zielgruppe entsprechen.